Ich bleibe bei meiner Meinung

Ein starker Satz, den man in letzter Zeit selten hört. Wenn Prominente irgendetwas außergewöhnliches außerhalb des Mainstreams von sich geben, warten die meisten erstmal ab, was passiert. Wenn der Schitstorm dann doch zu groß wird, und die Follower-Zahlen sinken, knicken sie ein und sagen einfach: sorry, das war alles nicht so gemeint, das wurde falsch verstanden, ich bin eigentlich ein ganz netter Mensch. Und alles ist wieder gut. Aber nicht Harald Martenstein.

Ein Journalist, der seit mehreren Jahrzehnten (!) für den Tagesspiegel (und andere) Kolumnen schreibt. Ein kluger Mensch, mit eigenem Kopf, der diesen auch nach außen trägt, und dabei zuweilen auch mal unpopulistische Aussagen trifft. Ich bewundere ihn schon lange und nun noch mehr. In diesem Fall hat der Tagesspiegel in vorauseilendem Gehorsam, oder auf Druck der Öffentlichkeit, eine seiner Kulumnen nachträglich und anscheinend ohne Rücksprache mit dem Autor zurückgezogen, das heißt aus dem Online-Auftritt entfernt. Kalte Zensur.

Aber warum diese drastische Maßnahme? Es war wohl vor allem ein Satz der durchaus als zwiespältig angesehen werden kann, aber aus meiner Sicht nicht dramatisch ist. „Aber eines ist er sicher nicht: antisemitisch.“ Der bezieht sich auf Querdenker, die sich einen gelben Davidstern angeheftet haben, um Aufmerksamkeit zu erregen. Die gesamte Kolumne mit Abschiedsbrief findet sich dankenswerterweise auf seiner Website (im Tagesspiegel leider nur hinter einer Bezahlschranke). Die Begründung des Tagesspiegels für diese Zensur ist ziemlich schwammig und findet sich hier. Ausnahmsweise ohne Bezahlschranke. Und natürlich ohne Kommentarmöglichkeit für Leser.

Nun, ist dieser Satz so schlimm, dass man eine Veröffentlichung verhindern muss? Zensur ist ja durchaus in Ordnung, wenn volksverhetzende oder stark irreführende Aussagen getroffen werden. In den Foren (hier musste ich auf den Spiegel ausweichen) finden sich hierzu viele Beiträge pro und contra. Ich denke, man muss differenzieren (wie immer!). Das Tragen eines gelben Davidsterns kann natürlich per se als Verunglimpfung der Opfer des Holocausts angesehen werden. Aber die Träger hatten eine andere Intention! Sie wollten sich nur selbst als Opfer stilisieren, sind also auch aus meiner Sicht nicht antisemitisch. Sondern einfach nur daneben. Und so hat es Herr Martenstein gesagt.

Aber viele Menschen schauen nicht mehr so genau hin. Reagieren auf Reizwörter, können nicht mehr unterscheiden. So auch der Tagesspiegel. Er hat die Zusammenarbeit nicht direkt beendet, hat aber seinen langjährigen Autor nicht in Schutz  genommen und fallen gelassen. Ich verstehe Herrn Martenstein, dass er damit das Vertrauensverhältnis geschädigt sah und von sich aus die Zusammenarbeit gekündigt hat. Noch eine starke Reaktion! Und ein schwaches Blatt.

Und die zunehmende Intoleranz und Wut gegen Meinungen, die vielleicht, und wenn auch nur ein kleines klitzekleines Bisschen, außerhalb des politisch korrekten stehen, macht mir Angst.

21. Februar 2022 // Politisches // Kommentar schreiben!

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