Meine kurze Geschichte als Frauenheld

Mein erster bleibender Eindruck durch weibliche Mitmenschen erfolgte wohl in Irland durch Aislinn O’Farrel, wunderhübsch, lange dunkle Locken, die mich im zarten Alter von unter 10 beeindruckte, aber mehr war nicht.

Bewusst fing es aber an, als ich 13 war und in einer Kleinstadt in einem Landkreis lebte, der nie für Aufsehen gesorgt hat. Sie hieß Dixie. Meine Freunde dichteten ein Werbelied für Plantschi um auf „Dixie ist prima, Dixie ist ’ne Wucht. Mit Dixie macht das baden Spaß“. Und alle haben sich einen Spaß daraus gemacht. Man ging stundenlag im Wald spazieren, Und nie passierte irgendetwas. Man unterhielt sich bemüht. Und war extrem schüchten, und schwieg auch sehr viel. Puh, ziemlich verkrampft und anstrengend. Ich habe aus einer Telefonzelle heraus Schluss gemacht.

Dann kam Ingrid. Schon etwas gereifter als ich. Zum Abschied nach dem ersten Treffen gab es meinen ersten Zungenkuss und ich habe mich zu Tode erschrocken. Etwas weiches, salziges, fremdes schiebt sich ungefragt in meinen Mund und erobert die Rachenhöhle. Zu Essen gab es bei Ihr zu Hause ekeliges Leberragout.Das konnte nicht gutgehen.

Nanette in der Klasse war der Schwarm aller Jungs. Blond, schwarzer Niki und vor allem – große Möpse! Ich hätte sie wohl haben können („unklarer Bezug! – hätte mein Deutschlehrer angemerkt“). War aber zu schüchtern. Auf der Klassenfete habe ich Musik per Kassettenrekorder aufgelegt, und mich nicht getraut, sie zum tanzen aufzufordern. Beim letzten Stück aber doch noch. Und sie fragte, „warum hast Du das nicht früher gemacht?“.

Dann Beatrix, die bürgerliche Tochter des örtlichen, kleinstädtischen, angesehenen Haushaltssortimentanbieters – heute wäre es wohl ein Baumarkt. In die war ich extrem verknallt! Groß, gewellte dunkle Haare. Heute noch mein Traum und wohl prägend. Und wir haben in dunklen Partykellern der Siebziger stundenlang Blues getanzt. So langsam wie möglich! Das gibt es heute gar nicht mehr. Zu „Nights in White Satin“ und „It’s five o’clock“. Aber ich war kein Draufgänger. Mein sieben Jahre älterer Lieblingsfreund Klaus hat ihr – nach Mitteilungen aus zweiter Hand – auf dem Burggelände der Kleinstadt unter dem T-Schirt rumgefummelt und sie war weg. Das ärgert mich heute noch.

Nun, das Leben geht weiter. Aber wichtiges passierte erst viele Jahre später: Karneval in Köln. Es gibt keine bessere Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen – und schöne Fotos zu schießen. Zum Beispiel mit der bodenständigen K.V. – oder doch mit ihrer Freundin, der Künstlerin F.T.? Ich erinnere mich, dass ich mich nicht entscheiden konnte. Ich dachte, ich wäre in der Position, entscheiden zu können. K.V. hat dann die Initiative ergriffen, was zu einem langjährigen Erfolg geführt hat.

Dann, in den achtzigern, kam C.S., in die ich total verknallt war, auch groß, stark, aber blond und leider ziemlich lesbisch veranlagt, was die Sache etwas kompliziert machte. Und extrem nach Selbständigkeit strebend und entsprechend manchmal abweisend – das stärkte das Verlangen. Das waren schöne aber für mich auch offensichtlich sehr unbefriedigende Zeiten. Auch sie ist später zu meinem damaligen Freund R.M. umgeschwenkt. Irgendetwas habe ich wohl immer grundsätzlich falsch gemacht.

In der Zeit ist noch verschiedenes passiert. Ich erinnere mich auch an eine platonische Beziehung N., die Freundin meines o.g. Freundes R.M. Und dann noch die Schwester von R.M. Damals war wohl alles noch ein wenig offener.

Aber schließlich auch P.F.. Groß, dunkelhaarig, new wavig, stark. Mein Traum und heute noch aktuell.

Habe ich eine vergessen? Und falls Ihr hier genannt wurdet: meldet Euch bitte! Würde gerne mal wissen, was Ihr heute so macht.

P.S.: Die Namen wurden von der Redaktion geändert. Jeder Bezug zu lebenden oder toten Personen ist rein zufällig. Und: pikante Details wurden nicht berücksichtigt.

13. November 2020 // Autobiographisches // Kommentar schreiben!

Mit Schreiben Geld verdienen!

Vorbemerkung: Wenn Ihr über eine Suchmaschine auf diesen Artikel stoßt, seid Ihr hier vermutlich falsch und braucht nicht weiter zu lesen, da das hier kein Ratschlagmedium ist, eher der Unterhaltung dient und der Titel  nicht das hält, was er mutmaßlich verspricht.

Niemals möchte ich mit dem Schreiben Geld verdienen! Man fängt an, sich zu verkaufen. Sobald man einen Geldgeber hat, fühlt man sich verpflichtet, kompatibel zu schreiben, sich anzupassen, sich zu verbiegen – sich zu PROSTITUIEREN. Nein, das hier ist Kunst. Absolut, unabhängig und frei von jeglichen Zwängen, Rücksichtnahmen, Gefälligkeiten, politischen Korrektheiten. Hier kann ich schreiben, was ich will, und deswegen mache ich das.  // weiterlesen! 

Ein unterstützenswerter Worterhalter

Diese Seite habe ich erst jetzt entdeckt. Ich wusste wohl schon von jemandem, der (wie ich!) schöne Wörter sammelt, und ich wollte mir das immer schonmal ansehen. Nun bin ich zufällig auf seine Seite gestoßen und bin etwas frustriert. Dieser Kerl nennt sich Lenny und hat meine Idee geklaut! Der erste Eintrag zu meinem Tagebuch ist vom Januar 2008. Bei ihm fing es erst 10 Jahre später an. Aber er macht es wesentlich ausführlicher und konsequenter als ich. Er sammelt und dokumentiert „Begriffe mit dem besonderen Klang.“ „schöne, seltene, originelle, alte Wörter aus der deutschen Sprache“. Ein wichtiges Anliegen.

Diese werden zu Listen mit bestimmten Themen zusammengefasst. Die Idee finde ich gut! Ich habe bis heute keine schöne Lösung gefunden, meine mühsam gesammelten Wörter wirkungsvoll zu präsentieren und habe mich auf die Minimalversion festgelegt: ein Lustwort pro Sekunde. Bei ihm kann man sich – je nach Stimmung (er ist ein Romantiker) – gleich eine ganze Liste bestimmter Wörter ansehen und sich daran erfreuen (Wohlfühlwörter, Schlummerwörter, Schimmerwörter, LUSTWÖRTER – das hat mich auf diese Seite gebracht!). Das wird schon lange in der Musik so gemacht – Abspiellisten für jede Stimmung. Wobei ich mich gerade frage, ob man sich bestimmte Musik anhört, wenn man in einer Stimmung ist, oder weil man will, dass die Musik diese Stimmung erzeugt. Egal. Bei ihm sind das Listen, mit bis zu 187 Wörtern, oder 99, 49, 59, 69, (niemals ganze Zehner, die 9 muss immer am Ende stehen) die heruntergerattert werden. Mit kurzer Einführung und Beispielen aus der Literatur. Manchmal immerhin mit Kommentar, und dann wird es erst interessant.

Manche Listen haben nur einen bestimmten Wortstamm gemein, Wörter, die zum Beispiel die Silbe „Wohl“ oder „LUST“ https://sternenvogelreisen.de/lust-woerter/ enthalten. Bei diesen habe ich den Eindruck, Monsieurchen hat einfach nur  das sehr empfehlenswerte Grimmsche Wörterbuch aufgerufen, seine Silbe in die Suchfunktion eingegeben, die Ergebniswörter kopiert und dann bei sich eingefügt; vielleicht nochmal etwas redigiert und ein paar gelöscht. Egal: das Ergebnis zählt. Aber keiner macht sich wohl die Mühe, alle Wörter einer Liste auf sich wirken zu lassen. Hier hätte ich mir eine größere Beschränkung oder mehr Erläuterung gewünscht.

Das Ganze macht er nicht nur zum Spaß. Sondern er hat ein Buch darüber geschrieben, das verkauft werden soll. Die Seite ist im wesentlichen eine Anstiftung dazu, die Hinweise dazu sind prominent und recht penetrant eingebunden. Schade. Trotzdem macht es großen Spaß, darin zu stöbern! Leider lässt er keine Kommentare zu.

Nach Ausweitung meiner Recherche, musste ich dann feststellen, dass es doch noch haufenweise andere Bücher gibt, die sich mit schönen, seltenen, in Vergessenheit geratenen, schrägen, lustigen, altmodischen, sonstwas Wörtern der deutschen Sprache beschäftigen. Dazu muss ich wohl leider nochmal einen getrennten Artikel verfassen. Ganz altruistisch rufe ich hiermit dazu auf, diese Bücher zu kaufen, da das Anliegen unterstützenswert ist. Guckt aber auch abundzu mal bei Lustwort vorbei, hier gibt es alles kostenlos und immer wieder mal Neues!

Ich fing an zu recherchieren, was er sonst so macht und habe festgestellt, dass er ein sehr umtriebiger und unternehmenslustiger Mensch ist, dass er fleißig auch noch andere Bücher schreibt und vor allem: dass ich ihm schon früher begegnet bin! Damals hieß er noch Sven und hat die wichtigste Netzgestalterbibel Deutschlands herausgebracht und unter dem in der Szene hoch angesehenen Namen „Dr. Web“ vertrieben (eine sehr interessante und reflektierte Geschichte dazu hat er hier verfasst).

Falls Du das liest: Danke Sven, das hat mir sehr in meiner Selbständigkeit geholfen, und ich habe mir das gelbe Buch damals auch gekauft! Und Dein Wörterbuch hole ich mir auch noch, muss ja gucken, was die Konkurrenz so macht …

Und den internationalen Nachfolger „Smashing Magazine“, leider nur in englisch, mir zu plakativ und abgehoben. Auch hat er einen Blog unter dem Namen conterest betrieben, der ganz interessant ist. Hier zeigt sich schon seine Vorliebe für Listen. Ein Listenfetischist!  In „1001 Gründe für Blogger“ nennt er tatsächlich ebensoviele. Ein beachtenswerte Fleißarbeit. Aber auch etwas beliebig. Auch hier wird das keiner durchlesen sondern nur vom Umfang beeindruckt sein. Der Artikel stammt von 2018. Dann kam nichts mehr. Es ist schade, dass dieser Blog und das Bloggen allgemein trotz der preisverdächtig vielen gebloggten Gründe weitgehend ausgestorben sind. Ein Ausdrucksmittel des Individualismus, der Selbständigkeit, der Freiheit, der Unabhängigkeit. Mehr Gründe braucht es eigentlich nicht, um eigenes zu veröffentlichen.  Heute treiben sich fast alle nur noch in Netzwerken der Großkonzerne herum und unterwerfen sich dem Anbieter und den Mag-Ich-Zahlen. Auch Svenny?

Und hier die Klickhilfe: https://sternenvogelreisen.de/

06. November 2020 // Deutsches, Rezensionen // 4 Kommentare

Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute

Den bietet uns das DWDS – ein wunderbar selbstgenanntes „Wortinformationssystem“, oder offiziell: „Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache“. Es ist zu meinem Lieblingsnachschlagewerk in diesem Zusammenhang avanciert, das hatte ich in meiner etwas lustlosen Dokumentation der wichtigsten Anlaufstellen für Informationen zur deutschen Sprache im Netz bisher nicht berücksichtigt. Daher nun eine gesonderte und verdiente Würdigung.

Dahinter steckt die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW), gefördert von uns, über das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Eine Institution, die „Auskunft über den deutschen Wortschatz in Vergangenheit und Gegenwart gibt“. Und das wunderbar wissenschaftlich tut.

Die Datenbasis bilden mehrere Korpora – ein Wort, das ich bis dahin nicht kannte – und das das System selbst nicht findet! Ich nehme an, Quellensammlungen. Viele – auch Zeitungen und das Netz – werden berücksichtigt. Der umfangreiche Fundus wird für die verschiedensten Analysen und Dokumentationen verwendet.

Zentrale Grundlage ist natürlich das Wörterbuch. Zu jedem gesuchten Wort (und ich habe bisher keines, außer dem oben genannten, nicht gefunden) gibt es alle Informationen zu Grammatik, Bedeutung, Etymologie, Thesaurus, Typische Verbindungen, Verwendungsbeispiele.

Ich nutze das Wörterbuch mittlerweile auch per Verlinkung im Rahmen meiner Präsentation zum Lustwort der Sekunde, da ich hier nicht alles bieten kann und will.

Zu „Lustwort“ gibt es leider nur eine karge, dafür aber sehr interessante Information, da ich es selbst erfunden habe und es trotz dieses tollen Tagebuchs noch nicht in die Wörterbücher und Suchapparate geschafft hat. Es gibt aber eine historische Textstelle aus der Literatur dazu: „‚alte kirchen haben dunkle gläser! — wie kirschen und beeren schmecken, musz man kinder und sperlinge fragen!‘ diesz waren unsere lust- und leibworte.“ Göthe 26, 69. (Goethe!!! Allein, die Namensschreibung irritiert mich etwas, aber der ist gemeint! Und: kannte der keine Großschreibung?)

Das Wörterbuch ist sonst sehr solide und hilfreich und umfassend. Aber was ich liebe, ist die Wortverlaufskurve. Die zeigt an, wie häufig ein Wort im Laufe der Jahre eingesetzt wurde. Das ist neu und interessant. Die Nutzung des Wortes „Demografie“ hat zum Beispiel extrem zugenommen, während „Backfisch“ abgenommen hat (wobei hier unklar ist, ob der Fisch oder das Mädchen gemeint ist). Man kann auch zwei Wörter gleichzeitig betrachten; der Anbieter nennt das Beispiel Turnschuhe und Sneakers. Obwohl beide in letzter Zeit zugenommen haben, holt Sneakers den Turnschuh doch langsam aber sicher ein. Ich habe mal die Wörter Freiheit und Demokratie eingegeben, die beide seit den späten Vierzigern abgenommen haben und seit einigen Jahren auf gleichem Niveau aber wieder etwas ansteigen. Das ist beruhigend.

Für die Profis unter Euch: Es gibt auch die Möglichkeit, nach Kookkurenzen zu beliebigen Wörtern zu suchen. Oder – sicher hochinteressant – eine Kollokationsanalyse in diachroner Perspektive durchzuführen!

Und eine Suche nach Wörtern aus politischen Reden. Die Nutzung ist hier, wie bei anderen, leider eher etwas für Programmierer; aber die können sich dann hemmungslos austoben, auch reguläre Ausdrücke einsetzen und alles sehr flexibel. Seht Euch mal die Möglichkeiten der „Suchabfragesprache“  an, das könnte man sicher mal nutzerfreundlicher gestalten.

Die haben sogar eine Erweiterung für meinen Lieblings-Netzseitenanzeiger mit F. programmiert, die es ermöglicht, Wörter, denen man damit im virtuellen begegnet, direkt per Markierung und Rechtsklick im DWDS nachzuschlagen. Und auf den Bildschirm  zu zaubern.  Die habe ich gleich installiert.

Und es gibt noch mehr. Das soll hier keine umfassende Bewertung und/oder Beschreibung werden. Schaut einfach mal rein. Es ist wirklich eine wunderbar wissenschaftliche, neutrale Seite, die sicher jedem Sprachinteressierten Spaß macht.

Hier die Klickhilfe: https://www.dwds.de/

24. Oktober 2020 // Deutsches, Rezensionen // Kommentar schreiben!

Wichtiges

Es ist schön, zu sehen, wie etwas, das einem mal extrem wichtig war, auch mal wieder unwichtig wird. Zunächst wollte ich dieses Tagebuch unbedingt einem bekannten Schreiberling nahebringen, den ich großartig fand, der aber totz wiederholter Kommunikationsversuche, nicht willens war, zu antworten. In der Zwischenzeit rasen die Gedanken davon. Und ich entdecke andere Schreiberlinge, die auch nicht schlecht sind und die sich als Zielgruppe anbieten. Konkurrenz ist etwas gutes (wenn man der Konsument ist)! Mittlerweile bin ich gar nicht mehr soo wild auf den Erstwunschkontakt. Phasenweise sogar eher auf gar keinen Kontakt. Das kann einen ja auch unter Druck setzen. Ich existiere auch so.

Dazu fällt mir eine extrem gute und komprimierte Szene aus „Blow Up“ ein. Späte Sechzigerjahre, genaugenommen 1966. Der Hauptprotagonist läuft etwas ziellos durch die Stadt und landet in einem Beatkeller, dem wohl damals real existierenden und einflussreichen Ricky-Tick (das bedeutet: „as soon as possible“ oder es bezeichnet „A style of jazz regarded as old-fashioned or unsophisticated“). Es spielt, in einer legendären Szene, eine legendäre Band, mit den später legendären Jimmi Page und Jeff Beck, ein tolles Stück (für die Liebhaber unter Euch: The Yardbirds – Train Kept A Rollin‘).

Das Publikum schaut stoisch und unbeweglich zu. Nur ein Paar tanzt am Rande, selbstverliebt und etwas lustlos, dazu. Dann passiert etwas unerhörtes. Der Gitarrist zerdeppert – vor Publikum – aus Frust vor dem schlechten Verstärker seine Gitarre;  kaputt! (hat er hier von Pete von The Who abgeguckt oder umgekehrt?) Während die Musik weiter läuft! Die funktioniert auch ohne Leadgitarre. Und wirft den übriggebliebenen Gitarrenschaft in die Menge. Alle flippen aus und stürzen sich wie verrückt darauf. Zufällig erhascht unser Protagonist das Teil, kann sich gerade noch aus der ihn wild verfolgenden Menge winden und schafft es nach draußen. Dort ein kurzer Blick auf die Beute und dann schon ehemalige Devotionalie: das gute Stück wird desinteressiert in die Ecke geworfen. Ein Passant sieht es, hebt das Teil nochmal prüfend auf – und wirft es etwas achtlos wieder weg.

Die Wichtigkeit ergibt sich manchmal nur aus dem Zusammenhang heraus, aus Vorstellungen und Bildern – und kann sich auch wieder verflüchtigen. Das entspannt.

Und hier das Werk zum Beweis.

Wunderbare Szene aus Blow Up von Antonioni, die zeigt, dass wichtiges auch sehr schnell mal wieder  unwichtig werden kann.

Was ist eigentlich normal?

Grundsätzlich bedeutet es ja „der Norm entsprechend“. Nun ich denke, wir sind Weltmeister der Normung, also extrem normal. Im technischen Bereich macht das DAS DIN, aber alles ist noch nicht erfasst. Und das ist gut so! Außerhalb DER DIN (aufmerksame Leser hätten sich jetzt gefragt: warum nicht „DES DINS“; Antwort siehe unten) ist alles normal, was der Mehrheit entspricht, oder? Die meisten Menschen haben zwei Beine, also ist das normal. Die Mehrheit der Männer sieht sich als Mann. Die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland ist christlich geprägt. Die meisten Menschen stehen zu ihrer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Statistiken, die die Normalität beschreiben. Ich sehe das entsprechend nicht wertend, sondern als Feststellung und wunderbaren Gedanken. Es ist gut, dass es auch Abweichungen von der Norm gibt, sonst gäbe es ja auch keine Normalen! Und: das macht das Leben interessant! Aber die anderen dürfen sich nicht als normal proklamieren.

Interview mit GORG nach Veröffentlichung
Er: Sag mal, Gorg, warum schreibst Du einmal DAS DIN und einmal DER DIN in Versalien?
Ich: och, ich fand das Wortspiel ganz lustig. Der Artikel ändert die Bedeutung des Wortes!

Ein schlimmer (berliner) Finger

Achtung: der folgende Artikel enthält unter anderem auch recht offensive Wörter. Wenn Sie ein empfindsamer Mensch sind, oder einfach keine Lust darauf haben, sollten Sie gegebenenfalls nicht weiter lesen.

Möchte eigentlich keine Artikel mehr über politische Alltagsereignisse schreiben, da diese nicht nachhaltig sind und in kürzester Zukunft keinen mehr interessieren und es meistens darauf hinausläuft, dass ich mich auskotze. Eine Meldung einer Berliner Zeitung hat mich aber dann doch emotional etwas negativ aufgebracht, dass ich doch mal folgendes loswerden muss.

Lohnt es sich, über eine Kampagne zu schreiben, die aufgrund von Protesten nie umgesetzt wurde? Ja, denn die niedere Intention, diese durchzuführen, war ja da; nur der Druck unseres schmallippigen Regierenden hat dies wohl verhindert. Eines seiner extrem seltenen eigenständigen, erfolgreichen und dazu noch hilfreichen politischen Aktionen. Die primitive Kampagne hatte die stümperhafte Vermarktungs- und Touristenanlockungsgesellschaft für unsere an sich ganz schöne Hauptstadt Berlin entworfen, bzw. der jugendliche, vielleicht frustrierte Praktikant (unbelegt) einer damit beauftragten und sicher hoch bezahlten „Kreativ-Agentur“. Die plumpe Idee: Eine Rentnerin trägt Maske und zeigt ihren erhobenen Mittelfinger allen anderen, die keine Maske tragen. Leider auch denen, die eine Maske tragen, da das Foto als öffentlich ausgehangenes Plakat vorgesehen war.

Ein für sensible Menschen sehr offensives Zeichen, von sehr ungehobelten Menschen angewendet wird und heutzutage leider sehr beliebt ist, das es aber wohl schon seit der Antike gibt. Fast jeder, der im öffentlichen Verkehr unterwegs ist, wurde damit schon konfrontiert: Der Stinkefinger. Er bedeutet genau genommen unter anderem: ICH FICKE DICH! oder etwas weniger bedrohend: FICK‘ DICH SELBST! Das Vorhaben war ein schlimmer und voraussichtlich nutzloser Versuch, über Werbung die notorisch vollkommen ignoranten Menschen der Stadt zum freiwilligen Tragen einer Maske entsprechend den geltenden Vorschriften zu motivieren. Grundsätzlich lobenswert. Vermutlich entspricht die Minderheiten-Zielgruppe diesem Niveau, aber alle anderen Betroffenen nicht. Ich wette darum, dass eine solche Kampagne in Berlin – egal wie gut gemacht – vollkommen nutzlos ist, da der Berliner ansich von Geburt an sehr ignorant und rücksichtslos ist und sich nur durch massive Strafen kurzfristig zu halbwegs vorgetäuschtem, vernünftigem Verhalten verleiten lässt.  Egal: Es sollte hier eine Geste eingesetzt werden, die als schlimme Beleidigung sogar strafrechtlich geahndet werden kann! (Wikipedia) Man hat sich wohl gedacht: „Sei’n wir mal richtig frech um Aufmerksamkeit zu bekommen.“

Der eigentlich gewünschte Effekt war: wenn sich alle freiwillig daran halten, muss man keine Kontrollen mehr durchführen, und noch schlimmer, erwischte Verweigerer womöglich mit einem Bußgeld belegen. Das will der Senat auf gar keinen Fall, da dies ja jemand oder sogar mehrere blöd finden könnten und die Wiederwahl verhindern würde. Eine ähnliche Maßnahme war ja die eingeführte Sperrstunde ab 23.00 Uhr. Das wurde sogar öffentlich, ohne jegliche Hemmungen damit begründet, dass man dann ja keine Kontrollen mehr benötige. Weil unser wunderbarer Senat nicht in der Lage ist, nicht Willens ist, die Einhaltung geltender Regeln auch mal durchzusetzen. Eine Kapitulation und eigentlich justiziable Arbeitsverweigerung der Exekutive, genauer gesagt der Legislative oder der Jurikative? Ich fürchte, es sind alle irgendwie an dieser Verschwörung beteiligt. Hauptsache ist: in Berlin kann jeder machen, was er will und er wird niemals dafür zur Verantwortung gezogen und der Senat ist damit glücklich, solange sich keine rechten austoben. Aber auch die haben sie nicht im Griff. Wir leben in einer wunderschönen Stadt, in der leider selbst hoch dekorierte Verantwortliche keine Kommunikationskultur mehr haben und ohne jemals selbst zur Verantwortung gezogen zu werden, ihr unterirdisches Niveau und offensichtliches Versagen hemmungslos politisch durchsetzen.

Ach ja, das Bild ist so hässlich, unprofessionell und geschmacklos, dass ich es hier nicht zeigen möchte; wer einen Beweis sucht, kann auf diesen Link klicken.

18. Oktober 2020 // Det/Dit is Berlin // Kommentar schreiben!