Kulturelle Aneignung
Ein neues Modewort mit Aufregercharakter. Von denen gibt es viele und ich möchte sie mal gesammelt darstellen, um den absurden Stand der öffentlichen Diskussion zu dokumentieren. Hier aber erstmal ein paar Gedanken zur „Cultural Appropriation“, wie es auf englisch heißt und das wie die meisten dieser pseudowissenschaftlichen und dogmatischen Verhalten-Modewörter aus den USA kommt. Die haben für jegliches angebliche Fehlverhalten einen Begriff, der Menschen zugewiesen wird, diese in eine Schublade steckt und sie pathologisiert.
Mein Anlass, hierüber zu schreiben ist schon etwas länger her: Eine deutsche Musikerin mit Dreadlocks (verfilzte Haare, kommt in letzter Zeit vor allem aus Jamaika, worauf sich die Moralwächter beziehen; dort wurde es aber nicht erfunden, sondern das gab es auch schon viel früher in verschiedenen Kulturen) war eingeladen, auf einem Fest einer Umweltorganisation (regionale Gruppierung des FFF) zu spielen. Kurz vor dem Auftritt kam aber eine Absage. Ihre Haare wären eine schlimme KA, die man nicht unterstützen wolle. Hallo? Die Musikerin liebt verschiedene Kulturen, spielt mit einem internationalen Ensemble internationale Musik. Aber soll es nicht leben dürfen? Das pseudo-vermeintliche Einlenken der Veranstalter zeigt einen Auswuchs an unerträglicher Arroganz: sie könne sich ja die Haare abschneiden, dann wäre der Auftritt kein Problem. Puh!
Menschen aufgrund von Äußerlichkeiten oder Einstellungen auszugrenzen ist respektlos, intolerant und widerspricht unserem demokratischen und liberalem Verständnis. Und dem Anspruch der Vielfalt. Das ist für mich ein erstes Anzeichen von Faschismus, dem wir dringend entgegen treten müssen.
Grundsätzlich hat der Begriff ja einen sinnvollen Hintergrund: man sollte nicht respektlos Merkmale von anderen Kulturen übernehmen, insbesondere, wenn diese schlimm unterdrückt oder benachteiligt wurden. Das entscheidende Unterschied ist übrigens das Wort respektlos. Man kann auch liebevoll und würdevoll mit anderen Kulturen umgehen. Das nennt man dann „Kultureller Austausch“. Den hat es schon immer gegeben und wird es hoffentlich auch noch in Zukunft geben. Es ist wichtig, zu unterscheiden und genauer hinzugucken! KA passiert ständig und ist Teil unserer Weiterentwicklung. Oder sollen wir demnächst wieder einen BDM gründen und nur noch fördern, was deutsch ist? Nein, natürlich darf man sich Merkmale anderer Kulturen aneignen. Meinen Cappuccino werde ich in Zukunft jedenfalls weiterhin genießen, vielleicht auch etwas respektvoller.
Diesen Artikel kommentieren
Mit dem Absenden dieses Formulars erklären Sie sich (erklärst Du Dich) damit einverstanden, dass der Betreiber dieser Internetseite die von Ihnen (Dir) eingegebenen Daten auf dem Netzrechner speichert. Ihr (Dein) Name, der Kommentartext und die angegebene Netzadresse werden für die anderen Besucher dieser Seite angezeigt. Der Betreiber dieser Internetseite gibt Ihre (Deine) Daten, insbesondere Ihre (Deine) E-Mail-Adresse, nicht an Dritte weiter und nutzt diese auch nicht für Marketing- oder Statistik-Zwecke. Sie können (Du kannst) alle Daten zu einem späteren Zeitpunkt wieder löschen lassen. Nutzt das ruhig, ich nehme Datenschutz ernst!