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Kulturelles // Seite 4

Ich lese keine Bücher

Manchmal wundere ich mich – ich habe seit vielen Jahren kein einziges Buch gelesen und schreibe trotzdem.

Ich finde Bücher lesen eigentlich gut! Man erhält Anregungen und wird – im besten Falle – akademischer. Aber es kommt natürlich darauf an, welche Bücher man liest. Früher (war mehr Lametta) las man Bücher für die Erbauung: Prosa, philosophisches, anspruchsvolle Romane. Heute nur noch Krimis und Alltagsgeschichten (so wie hier).

Ich hatte sogar lange Jahre den Anspruch, unbedingt Bücher zu lesen, so wie es mein Vater empfahl und vorgelebt hat. Nein ich habe einfach keinen Bezug dazu gefunden. Vielleicht habe ich mich auch zu sehr an die Häppchenmentalität der Netz-Generation gewöhnt. Egal.

Früher habe ich übrigens durchaus mal gelesen: Fünf Freunde (auf englisch). Das einzige Buch das ich zweimal gelesen habe heißt „Der Räuber Hotzenplotz“. Und sonst: Die Mythen des Alltags, und – Moment, ich gucke mal kurz in mein Regal: Alles von Kafka, außerdem Nadolny: Netzkarte, Böll, Hesse, Handke, Anleitung zum Unglücklichsein, Überleben in der Wildnis, Rhinozeros, Das Japanische Kino, Dorian Gray, On the Road, Der Meister und Margerita, Fuck Machine. Alles gelesen! Und hat mir alles gefallen. Scheint aber zu reichen. Bei Gelegenheit Rezension.

Mein Gott ist das altmodisch und analog. Aber ich traue mich noch nicht, das alles zu entsorgen.

Ich denke, ich werde bald mein eigenes Buch schreiben und später immer wieder gerne darin lesen. Mehr Buch brauche ich dann nicht.

21. September 2018 // Kulturelles // Kommentar schreiben!

Ein Teil der Frauen aus Medien, die mich beeindruck(†)en

In Ergänzung zum Männerteil, hier der Frauenteil.

Unbekannt
Es war in den siebzigern. Im Jungen-Internat. Einmal im Jahr kam eine Busladung aus dem Mädcheninternat vorbei, um eine Party zu feiern. Dabei gab es auch Vorstellungen durch die jeweiligen Geschlechter. Die Mädels waren als Männer verkleidet. Mit Anzug und Schnurrbart und Zigarillo. Und performten zur Musik von Lou Reed – Walk on the Wild side. Das hat mich beeindruckt.

Iris Radisch
Ressortleiterin im Ressort Feuilleton, DIE ZEIT. Gesehen vor vielen Jahren in einer Gesprächsrunde im Fernsehen. Wunderhübsch, lässig, schön maskulin in einem Hosenanzug. Sie redet nur kluge Sachen. Die hätte ich an dem Abend sofort geheiratet.

© Klaus Kallabis

Angela Merkel
Ja, wirklich! Nicht ganz mein Typ, aber wunderbar solide und zuverlässig. Ich verstehe das aktuelle „Bashing“ nicht. Seit Frau Merkel geht es uns so gut wie nie. Sei macht einfach ihren Job.  Und sie hat alle Utopien der Sozis und Grünen verwirklicht. Was will man mehr?

Maybritt Illner
Die einzige Quatschrunde, die ich mir ab und zu gerne ansehe. Weil es nicht um die Moderatorin geht, sondern um die Gäste und das Thema. Vor vielen Jahren sind wir ihr im Tiergarten begegnet und sie sagte irgendetwas nettes zu unserem kleinen Sohn. Das hat die Wahl aber nicht beeinflusst.

Charlotte Roche
Die war mal bei einem großen Fernseh-Musiksender. Sie erzählt etwas, beim Autofahren, durch das Fenster, in die Kamera, die wohl irgendwie außen befestigt ist. Inhaltlich alles Quatsch, aber sehr charmant und unterhaltsam. Ich bin gebannt! Irgendwann fängt sie an, sich einen Spaß daraus zu machen, immer länger in die Kamera zu gucken. Ich halte das kaum aus: Mädel, guck nach vorne, nach vorne!!! Aber es geht dann doch noch  gut…
(Ich weiß um die Bedeutung und die Auswirkung des Wortes „Mädel“ aber ich fand das hier passend. )

Sahra Wagenknecht
Ja, Vertreterin der Linken, Nachfolgepartei der SED. Aber überzeugend. Angenehm sachlich und klassisch links. Die Aussagen gegen Großkonzerne unterstütze ich voll und ganz. Auch alles für Abrüstung und erneuerbare Energien. Leider ist sie in der falschen Partei.

Isabelle Huppert
Französische Schauspielerin, mit roten Haaren. Und das unglaublich gut. Gesehen das erste Mal in „Die Spitzenklöpplerin“ Als beeindruckter Jugendlicher. Viel später auf der Berlinale: Malina. Und im Netz La Pianiste. Sehr schön schräge Rollen. Später habe ich sie (nicht wirklich, oder?) in Berlin gesehen, wie sie über die Straße ging.

Hier noch eine private Erfahrung.

OK, Musikerinnen gelten wohl nicht; trotzdem hier drei davon: Siouxsie SiouxPJ Harvey und Nina Hagen.

Jetzt muss ich wohl auch noch ein Rubrik für Transgender und sonstige machen. Aber da fällt mir nur einer ein: Genisis P. Orridge, oder auch Anthony?

14. September 2018 // Kulturelles // Kommentar schreiben!

Sprüche

Wo Verstand ist, da braucht es nicht viele Worte (- unbekannt -)
(Nun, manche meiner Texte sind auch ziemlich lang, trotzdem finde ich diese Aussage gut.)

Ich fand Sprüche eigentlich immer doof. Altmodisch verklärend, belehrend, zu undifferenziert, für einfache Gemüter, spießig! Nun, auf meine alten Tage entdecke ich doch ein paar Sprüche, die zumindest eine nennenswerte Aussage beinhalten. Ich meine damit sogenannte Volksweisheiten, die irgendwann in die Welt gesetzt wurden und dann immer wieder wiedergegeben wurden und sich stur im Bewusstsein der Menschen verankert haben.

Was ich gut an Sprüchen finde, ist wenn eine Weisheit oder allgemein gültige  Erkenntnis in wenigen Worten zusammengefasst und formuliert wird. Das ist Kunst: mit geringen Mitteln etwas aussagen.

Hier ein paar Klassiker mit Anmerkungen:

Wissen ist Macht.
Irgendwie mag ich das nicht, aber es ist so.

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.
Mann, habe ich es gehasst wenn mich mein Vater damit konfrontierte! Mittlerweile finde ich das eine vernünftige Einstellung, die das Leben erleichtert und handele (meistens) danach.

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.
Ein trauriger Spruch. Bloß nicht freuen oder das Leben genießen, es kann noch etwas blödes passieren. Sollte man nicht befolgen!

Ohne Fleiß kein Preis.
Das stimmt erwiesenermaßen nicht! Es gibt haufenweise Menschen, die ohne Fleiß erfolgreich sind oder elend viel Geld haben.

Scherben bringen Glück.
Das ist nur ein (schwacher) Trost für Menschen, bei denen etwas schief gegangen ist, aber leider nicht zutreffend.

In der Kürze liegt die Würze.
Das gefällt mir wiederum. Wird allgemein leider nicht so beachtet.

Wie der Vater so der Sohn.
Puh, schweres Thema. Die Aussage stimmt aber nicht, zumindest nicht ganz. Also, es gibt grundsätzlich Eigenschaften, die übertragen werden, aber bei unangenehmen Eigenschaften kommt (zumindest bei mir) das Gegenteil heraus, was ja nicht schlecht ist.

Übung macht den Meister.
Gut, kann man wohl nichts gegen sagen, oder? Allgemeingültig.

Lügen haben kurze Beine.
Schön wär’s! Leider ist dem nicht so. Heutzutage sogar eher im Gegenteil. Die Lüge ist sehr verbreitet und akzeptiert. Folgen sind selten.

Kein Genuß ohne Reue.
Stimmt, das geht mir häufig so.

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.
Der gefällt mir wiederum: man kann sich gehen lassen, ohne Berücksichtigung jeglicher Konventionen.

Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr
Isso. Dies stammt nicht (wie vielfach angegeben) von Wilhelm Busch, sondern es handelt sich um eine allgemeine Redensart.

Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht.
Also, den habe ich nie verstanden.

Was nich is, kann ja noch werden
Das ist beruhigend

Übrigens: die Suche nach Sprichwörtern bringt haufenweise Plattformen als Ergebnisse. Scheint doch von allgemeinen Interesse zu sein. Möchte bei Gelegenheit ein paar Adressen nennen.

14. September 2018 // Deutsches, Kulturelles // Kommentar schreiben!

Lustiges

Humor ist etwas schönes, er macht Spaß! Und Lachen soll auch noch gesund sein. „Humor ist die Medizin, die am wenigsten kostet und am sichersten hilft.“ (Volksmund)

Aber es gibt zuwenig davon in dieser Welt. Alles rational, emotional, differential, suboptimal, kongenial, marginal, aber wenig humorinal. Humor ist natürlich auch Geschmackssache. Das, was manche im Fernsehen als Humor verstehen, ist für mich oft unerträglich. Menschen, die auf der Bühne stehen und Geschichten erzählen und sich dann auf die Schenkel klopfen und selbst am lautesten lachen. Wenn ich das Wort „Comedy“ höre, muss ich kotzen. Zur Unterstützung wird dann noch etwas Gelächter vom Band hinzugemischt. Oft wird hier auch Humor verwechselt, mit ’sich über andere lustig machen‘. Das ist Schadenfreude und hat natürlich nichts mit Humor zu tun. Mehr dazu weiter unten.

In Deutschland war und ist es auch immer schwierig, Humor zu entdecken oder auszuleben. Heinz Ehrhardt sollte man natürlich nicht vergessen. Mit Karl Valentin konnte ich nie etwas anfangen, wohl nur für bajuwarische Zeitgenossen lustig. Im Nachhinein ist mir noch Wilhelm Busch aufgefallen, der muss in diesem Zusammenhang natürlich unbedingt genannt werden, auch wenn etwas älter, und ich fühle mich mich verpflichtet, bei Gelegenheit eine Sonderwürdigung über ihn verfassen.

Ach ja, Otto gibt es auch noch; sogar ganz gut aber natürlich etwas zu blödelig. („Deutscher Humor ist ja ein echter Schlankmacher: Man muss meilenweit laufen, bis man ihn trifft.“ Dieter Hallervorden) Und Dieter  Krebs möchte ich noch nennen. Mir fällt aber aktuell nur eine sehr herausragende Persönlichkeit ein, die sich klug und erfolgreich für den Humor in Deutschland eingesetzt und ihn umfassend gefördert hat: Loriot! Um dies angemessen zu würdigen, möchte ich noch einen gesonderten Artikel schreiben.  (erledigt!) Oft gibt es hier ja sonst Humor nur in Zusammenhang mit ideologischer oder politischer Wertung, also Satire. Das habe ich nie gemocht. Man lacht nur, wenn man sich über den politischen Gegner lustig macht. Es gibt aber auch gute Satiriker. Der  macht Witze, über die ich herzhaft lachen kann und dann leider auch noch Witze, bei denen mir das Lachen in Halse steckenbleibt.

Copyright Loriot

Obwohl ich ein eher akademischer und feinfühliger Mensch bin, habe ich auch einen ausgeprägten Sinn für ‚Freude am Unsinn‘ und geradezu derben Humor. Das habe ich wohl unter anderem auch von meinem Vater. Obwohl er immer fanatischer Anhänger der Hochkultur war und Popkultur als total verwerflich oder entartet ansah, hat er sich doch öfters das Magazin MAD gekauft und mir nahegelegt.

Zum Medium Film fallen mir folgende Beispiele mit herausragendem (derben) Humor ein: Die nackte Kanone, Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug, Ein Single kommt selten allein. Und ganz wichtig, aber kein Film: Tom und Jerry.  Ziemlich viel aus den USA, sind die wirklich so lustig? Nein, nur ein Ergebnis des kulturellen Imperialismus‘. Hier Europa: Der große Blonde mit dem Schwarzen Schuh, Loui de Funès (Nein! – Doch! – Ohh! siehe unten das Original) , Das Leben des Brian (ziemlich blasphemisch, aber sehr lustig) und ähnliches. Die Asiaten haben einen besonderen Sinn für Humor: Jackie Chan fällt mir ein, es gibt aber bessere. Auch in Horrorfilmen oder Splatterfilmen, kann dort zwischendurch mal Humor auftauchen, das finde ich sehr interessant. Während es bei uns Filme gibt, die nur lustig oder spannend oder actionreich oder unterhaltend oder dokumentarisch sind, kann das in asiatischen Filmen alles auf einmal vorkommen.

Nein! – Doch! – Ohh! im Original (Quelle)

Zum Humor gehört wohl auch ein gewisses Maß an Selbstironie. Ich denke, das ist das Problem für die meisten Menschen. Von Loriot stammt wohl auch der Satz „Wer glaubt, Humor bestehe darin, sich über andere lustig zu machen, hat Humor nicht verstanden. Um komisch zu sein, muss man sich vor allem selbst zur Disposition stellen„. Selbst Hermann Hesse hat sich dazu geäußert: „Aller Humor fängt damit an, dass man die eigene Person nicht mehr ernst nimmt.

Puh, bin gerade über einen Wikipedia-Artikel zum Humor gestolpert und überlege, ob ich überhaupt noch andere Quellen in meine Artikel einbeziehen soll. Einerseits kommt man von Hölzchen auf Stöckchen, andererseits muss man sich mit anderen Aussagen auseinandersetzen. Da mich hier die Aussage ärgert, möchte ich doch darauf eingehen und widersprechen: „Humor ist die Begabung eines Menschen, der Unzulänglichkeit der Welt und der Menschen, den alltäglichen Schwierigkeiten und Missgeschicken mit heiterer Gelassenheit zu begegnen.“ Ist das nicht eine extrem negative Sichtweise? Und: Das nennt man Galgenhumor. Das ist etwas anderes. Kann man nicht einfach so Spaß haben, auch wenn es einem gut geht? „Diese engere Auffassung ist in der sprichwörtlichen Wendung Humor ist, wenn man trotzdem lacht ausgedrückt, die dem deutschen Schriftsteller Otto Julius Bierbaum (1865–1910) zugeschrieben wird.“ Was für ein Idiot. Das ist wohl eher Sarkasmus. Die Aussage ist aber wohl leider symptomatisch deutsch.

Neues Bier

Bier trinken macht wieder Spass. Und ich meine nicht die klassischen Biere, die wir immer getrunken haben: Bitburger, Flensburger (Beck’s habe ich immer gehasst. Schön, dass die Oranienbar früher ein Schild aufgehängt hat: „No fuckin‘ Beck’s“. Und das schon in den achtziger Jahren!).

Mittlerweile gibt es eine Unmenge an super schmeckenden und köstlichen Bieren, die ich hier (noch) nicht aufzählen kann/möchte. Stichwort: Craft Beer. Eine Bewegung aus den USA und erfolgreich, obwohl wir in Deutschland ja die beste Biererfahrung und auch schon in größter Vielfalt haben.

Trotzdem: Probiert einfach alles, es macht Spaß! Meine Zuneigung begann mit Störtebeker. Ja, mittlerweile auch ein Industriebier, aber wirklich gut für den Einstieg. Dann kamen noch BRLO und andere dazu. Die Geschmacksvarianten werden in verschiedenen Verkostungen geprüft und bewertet. Hilfreich ist das Muted Horn in Neukölln. Und mein Freund AND. Je weiter man sich eintrinkt, desto interessanter werden die Möglichkeiten. Probiert es! (siehe auch hier)

18. Juni 2018 // Kulturelles // Kommentar schreiben!

Restaurantkritiken

Mir ist aufgefallen, dass ich in letzter Zeit kaum noch Restaurantkritiken geschrieben habe. Nun, das liegt zum einen daran, dass ich seltener ausgehe, was wiederum daran liegt, dass das Gebotene meist sehr mittelmäßig bis uninteressant und trotzdem teuer  ist.

Zwei Lokale aus der Umgebung, die sich über die Jahre gehalten haben, möchte ich doch noch hervorheben: Das Renger-Patzsch bietet als Nachfolger des Storch (Volker von MDK leider nicht mehr als Begrüßer dabei) nach wie vor sehr anständige elsässische Küche mit gutem Service und im Sommer kann man auch schön draußen sitzen.

Außerdem empfehle ich das Lochner: Ein Konzept mit Minispeisen (nicht Tapas, sondern echte Gerichte in geringer Menge), auch mit gutem Service; man merkt zwar manchmal das angelernte, ist aber ok. Auch schön zum draußen sitzen.

Ansonsten koche ich auch gerne mal selbst und freue mich über bestes Essen ohne lästige Nachbarn oder schlechte Bedienung …

14. Mai 2018 // Kulturelles // Kommentar schreiben!

Kaffe

In Berlin heißt der Kaffee „Kaffe“. Immerhin sind die Zeiten vorbei, in denen man im Tiergarten draußen sitzend immer ein ganzes Kännchen Filterkaffee bestellen musste (Weil die Bedienung weiter laufen musste? Geldschneiderei? Weil die zusätzlichen Stühle so teuer waren?). Egal: Heute gibt es an jeder Ecke Cappucino und alle haben auch eine echt italienische Espressomaschine, die tatsächlich erforderlich ist, um guten Cappucino zu machen.

Aber es ist noch etwas anderes erforderlich: gute Bohnen, etwas Gefühl und vor allem: die richtige Dosierung! Der Cappucino wird immer milchiger! Das liegt zum Einen daran, dass die Tassen immer größer werden und zum Anderen wohl daran, dass an den teuren Bohnen gespart wird. Wir weisen die Einschenker mittlerweile immer darauf hin, bitte nicht so viel Milch in die Tasse zu kippen. Es ist ein Phänomen: die meisten ignorieren das, weil sie es nicht verstehen! Man muss schon genau zusehen und laut STOP! rufen, um ansehnliche/trinkbare Ergebnisse zu erzielen.

Kaffee mit zwei e – genauer gesagt: ein klassischer Cappucino

Eine weitere unsinnige Entwicklung ist die Vielfalt, die mittlerweile angeboten wird. Man kann nicht mehr einfach in ein Café gehen und sagen, einen Cappucino bitte! Es kommt die Nachfrage klein, mittel oder groß? Mit normaler Milch oder Soja? Mit Karamel-Geschmack oder xxx-Geschmack? Zum hiertrinken oder mitnehmen? Puh, das wird mir schon zuviel. Normal ist doch, dass man einen klassischen Cappucino zum hiertrinken bestellt oder? Egal, lieber die Vielfalt als das Einheitskännchen Filterkaffee….

30. November 2017 // Kulturelles // Kommentar schreiben!

Spießerzeiten

Wir leben leider  in einer sehr langweiligen und recht gewöhnlichen Zeit (die 10er).

Eine Zeit, in der (Reihenfolge zufällig)

  • Menschen sich beschneiden, bespritzen oder bemalen lassen, um „besser“ auszusehen
  • viele Bärte und schwarze Hornbrillen tragen
  • Design der 50er beliebt ist
  • der Hauptwunsch Jugendlicher darin besteht, ein eifon zu besitzen
  • rechte Gesinnungen Zulauf haben
  • Menschen immer kritikloser werden
  • nur noch Mainstream im Radio / Fernsehen läuft
  • politische Korrektheit als etwas Gutes angesehen wird
  • Menschen anecken, die anderer Meinung sind
  • keiner mehr bunt gefärbte Haare oder Lidschatten / Kajal(!) trägt
  • Dummheit propagiert wird
  • die Ich-Bezogenheit wächst
  • Startup-Gründer die neuen „Rockstars“ sind
  • Selbstdarstellung um jeden Preis vollzogen wird
  • Bürgermeister „Müller“ heißen
  • Populisten populär werden

Früher war mehr Lametta.

B-Movie – Ich war dabei …

und kann mich gut erinnern. Zumindest bringt der Film (Untertitel: Lust & Sound in West-Berlin 1979–1989) einige Erinnerungen wieder zutage, was durchaus für ihn  spricht!

Auf zeit.de wird etwas kritisch berichtet, dass Mark Reeder ja wohl nicht alles miterlebt haben könnte, aber darum geht es doch gar nicht! Dies ist ein Dokumentarfilm mit weitgehend historischen Aufnahmen, der für das Kino fiktiv aufbereitet wurde. Und ich bin glücklich darüber, dass nicht diese unsäglichen Interviews mit Zeitzeugen geführt werden, sondern eine Art Spielfilm daraus gemacht wurde: Ein (vermutlich alternder, charmanter,  kenntnisreicher, britischer (!)) Protagonist blickt zurück auf seine Glanzzeiten in Berlin und führt uns teilweise „live“ durch das Geschehen.

Und er war tatsächlich fast überall dabei. Wer die Zeit und die entsprechenden Etablissements mitgemacht hat, ist Mark Reeder (entweder in Uniform oder traditionell britisch mit Knickerbockers) ständig über den Weg gelaufen. Immer freundlich und offen, was nicht typisch für die Zeit war.

Natürlich fasst der Film nur die absoluten Höhepunkte der damaligen Punk und Postpunk Zeit zusammen, aber das Feeling der Zeit wird supergut dargestellt.  Schön, dass neben den allseits bekannten Protagonisten auch die Notorischen Reflexe berücksichtigt werden, die mich damals sehr beeindruckt haben, über die es aber kaum Informationen gibt. Außerdem mehrere beeindruckende Schlüsselszenen: Zum Beispiel Blixa Bargeld, wie er über den Osten befragt wird und etwas traurig und verloren kundgibt, dass ihn der Osten nicht interessiert und dann trotzig hinzufügt, das er es gut findet, in einer Stadt zu wohnen, wo man nicht weiß was die andere Hälfte macht. Genauso war die Stimmung! Oder Nick Cave, wie er sagt, dass er in Berlin gelernt hätte das zu machen was er wollte und nicht auf andere zu hören. Und darum ging es!

Übrigens die „Hintergrundmusik“ (der komplette Soundtrack) ist – mit Ausnahmen – unglaublich gut und passt sehr gut zu den Bildern. Das Titelstück „You need the drugs“ ging mit sofort und bleibend unter die Haut. So achtziger und wavig und psychedelisch! Im Nachhinein habe ich erfahren, das das Stück von Westbam – immerhin mit Richard Butler – wohl erst im Jahr 2013 aufgenommen wurde ;-) egal. Auch das Wortspiel im Untertitel des Films habe ich erst später verstanden – ist aber auch nicht sooo genial.

Insgesamt kommen mir die Protagonisten sonst zu fröhlich vor, ich habe die Menschen damals eher als sehr abweisend und mit einer extrem unfreundlichen – eben berliner – Art erlebt. Ein paar kleine Mäkelpunkte: der Dschungel, war zwar sehr angesagt, aber vielen auch schon zu etabliert; es gab noch viele andere  Discos (so hießen die damals noch!). Das Exxess fällt mir ein (und wie hieß noch der Laden am Adenauerplatz?); auch das Cafe Swing direkt neben dem Metropol/Loft, in dem kleine aber auch sehr außergewöhnliche Veranstaltungen stattfanden sollte erwähnt werden; das Atonal Festival? Es fehlen auch die Demonstrationen (es werden nur Krawalle gezeigt, aber nicht die vielen und riesigen Demos (mit Musik von Fehlfarben), die Zeit war extrem politisiert! Aber hier geht es ja um die Kunst und die Musik, die Anarchie und ums Koksen/Saufen und das ist gut so.

Zeit und Ort waren wirklich wild, einzigartig und unwiederbringbar, und der Film zeigt das wie kein anderer! Aber wahrscheinlich wissen nur die das zu schätzen, die dabei waren. Für Euch auch empfehlenswert: „So war das SO36“ (von hier wurden die knutschenden Punks in der U-Bahn ausgeliehen/wiederverwertet)…

Berlin, Kreuzberg, SO 36, Konzert, Punk, 05/1982; Auftritt der Berliner Punk Band „Soilent Grün“

– 30.04.1982-01.05.1982

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Berlin – Kreuzberg, club SO 36, concert, on stage the Berlin Punk Band „Soilent Gruen“

– 30.04.1982-01.05.1982

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