Erfahrungen // Seite 2
Schlagzeilen von gestern, heute, morgen, übermorgen
Ich brauche keine Nachrichten mehr zu lesen oder zu hören, ich weiß schon, was kommt:
- Großbritannien droht der EU mit hartem Brexit
- Israel baut weitere Siedlungen im Westjordanland
- der Rechtspopulismus nimmt weiter zu
- die Fertigstellung des BER verzögert sich
- Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken
- die Türkei inhaftiert und foltert Oppositionelle
- der Berliner Senat plant Verbesserungen
- in China ist ein Sack Reis umgefallen
- die Infektionszahlen steigen mal wieder
- in Russland wurde ein Oppositioneller umgebracht
- In den USA wurde ein Schwarzer von Polizisten erschossen
- In Italien stehen Neuwahlen an
- Bayern gewinnt den XXX-Titel, den YYY-Cup, die ZZZ-Meisterschaft
- die Bundesregierung verspricht Verbesserungen für den Fahrradverkehr
- Die sozialen Medien versprechen mehr Datenschutz
- der amerikanische Präsident hat einen Pups abgelassen
- der Berliner Senat hat bei der Umsetzung eines Vorhabens versagt
- in Brasilien wird der Urwald – in der Größe des Saarlands (o.ä.) – abgeholzt
- die Klimaerwärmung nimmt zu
- eine Kulturveranstaltung wurde wegen Drohungen abgesagt
- etc. pp.
Politik mach keinen Spaß mehr.
Neulich musste ich mich im Netz nackt ausziehen, unterwerfen, versklaven, erniedrigen lassen.
Dabei gab es nur den Wunsch, eine Ferienwohnung für ein paar Tage anzumieten. Mit der Familie. Einen Geburtstag feiern und dabei ein paar Tage ausspannen. Dazu kann man die schönsten Angebote im Netz finden; es gibt Anbieter, die Angebot und Nachfrage vermitteln. In diesem Fall ein US-amerikanischer Großkotzkonzern mit A. Ihr werdet gleich erfahren, warum diese Information wichtig ist.
Freistehende Villa mit Garten und Grünblick – klang sehr gut. Etwas stutzig wurden wir bei den Nutzerkommentaren: Es gab genau zwei davon, die beide darauf hinwiesen, dass die Buchung durch den Gastgeber gekündigt wurde. Das habe ich nicht verstanden. Sind Gastgeber nicht froh, wenn man Ihnen Geld gibt? Oder haben die vielleicht jemanden gefunden, der mehr Geld gibt? Egal, das Angebot klang verlockend und wir wollten das buchen.
Halt! Buchen geht natürlich nicht einfach so. Man muss sich erst als Nutzer registrieren. Kein Problem, einfach Namen und Adresse eingeben und dann buchen. Nee, die altmodische Adresse möchten die gar nicht wissen, stattdessen werden Geburtstag, Telefonnummer, E-Mail abgefragt. Nur personenbezogene Daten sind wertvoll! Na gut das kann ja zur Kommunikation wichtig sein. Die letzten beiden Informationen müssen aber verifiziert werden – es wird kontrolliert, ob man nicht gelogen hat.
Man bekommt eine E-Mail, die man bestätigen muss. Dann bekommt man noch einen Anruf mit einer Nummer, die man bestätigen muss. Alles gut, jetzt aber! Nein. Bitte verifizieren Sie sich über ein offizielles Dokument. Führerschein, Pass, Personalausweis. Hallo!? Ich möchte mich nicht beim BND bewerben, sondern eine Unterkunft buchen! Dazu muss man das Dokument in die Kamera halten, die ein Foto davon macht und es an den Anbieter weiterleitet. Na, da nehme ich doch meinen Führerschein. Ein alter grauer Lappen aus den Siebzigern ;-) Der wurde natürlich nicht akzeptiert. Da gibt es wohl Menschen, die die Dokumente prüfen. Mit dem grauen Lappen konnten die natürlich nichts anfangen. Das war der Moment, an dem ich aufgeben wollte. Aber nicht mehr konnte. Ich nahm meinen wertvollen Personalausweis und hielt ihn in die Kamera.
Das wurde schließlich akzeptiert. Alles gut? Nein! Um das Bewerbungsverfahren abzuschließen, machen Sie jetzt bitte ein Foto von Ihrem Penis. Danke; und jetzt bitte auch im eregierten Zustand, damit wir die Echtheit verifizieren können. Jawoll! [Hackenzusammenschlag] Heil Dir Vermittlungsunternehmen A!
Das letzte habe ich jetzt – ehrlich gesagt – erfunden, aber ich hatte es wohl mit einem faschistischen Datensammlungsunternehmen zu tun, das offensichtlich machen darf, was es will. Das Hauptziel ist es, personenebezogene Daten abzugreifen. Diese werden dann mit größtmöglichem Gewinn an andere verkauft, verknüpft und gegen einen verwendet. Die Funktion als Vermittlungsagentur ist nur Tarnung.
Jedenfalls war ich jetzt in der Lage, die gewünschte Unterkunft zu buchen. Buchen? Nein! ich darf eine Buchungsanfrage stellen. Ich soll mich bewerben! Haben die sie noch alle? Die Anfrage wurde natürlich abschlägig beurteilt. Das Objekt wäre für die nächsten 8 Monate bereits ausgebucht. Kann man das nicht vorher schon klären? Ja, aber dann kommen die nicht an die Daten.
Nach deutschem Recht ist es immerhin möglich, persönliche gespeicherte Daten auch wieder löschen zu lassen. Natürlich wird einem das so schwer wie möglich gemacht. Als Antwort auf meinen Antrag kam eine E-Mail: Bitte beantragen Sie das nochmal und senden uns zur Verifizierung Ihren Personalausweis (und das Penisfoto). OK, erster Teil erledigt. Dann kam die zweite E-Mail. Wir haben Ihr Anliegen geprüft; wenn Sie nichts mehr von uns hören, ist wohl alles erledigt. Nein, ich möchte eine Bestätigung der Löschung! Dazu habe ich dann nie mehr etwas gehört. Und das Gefühl, dass da draußen im Netz vielleicht noch irgendwo mein Perso rumgeistert verunsichert mich.
Heute habe ich mit meinem Telefon gesprochen
Und es hat genau das gemacht, was ich wollte:
Eine Sprachnotiz aufnehmen und zwar nicht als Audiodatei, das wäre zu einfach.
Das Telefon wandelt das gesprochene Wort in digitale Zeichen um. Gleichzeitig erscheinen die Wörter als Buchstaben direkt auf dem Minibildschirm. Wie von Zauberhand! Dann noch „ok“ klicken, und es ist digital gespeichert und kann weiterverwendet werden.
Ein gutes Spontaneinfälle-Speicher-und-Weiterverwertungs-Werkzeug.
Und, was macht Ihr heute noch?
Diese Frage begegnet mir meistens, wenn ich mich gerade mit Freunden oder Bekannten getroffen habe, beim Punktspiel des Jungen, auf einer Feier, oder sonstigen Veranstaltung.
Ich bin meist unvorbereitet und stammele etwas, wie äh ja, wir haben (noch) nichts vor. Da ich gerade ja bereits an einer Veranstaltung teilnehme, habe ich mir nichts weiteres vorgenommen. Ich freue mich darauf, danach nichts mehr vorzuhaben, und meine Zeit nach Wunsch einzuteilen. Die meisten wohl nicht. Da muss noch etwas folgen. Etwas viel tolleres, als das, an dem man gerade teilnimmt. Und vor allem: das muss man den anderen mitteilen! Menschen, die sich nicht selbst beschäftigen können; die die Unterhaltung brauchen. Die ohne Rückkopplung von anderen nicht existieren können. Dei Angst vor dem Alleinsein haben. Die angeben wollen. Die Hedonisten sind. Also, mir reicht eine Veranstaltung am Tag. Ich brauche dann eher die Entspannung.
Geheimsprache: Der WAF
Hiermit möchte ich mal ein Geheimnis aus der Männerwelt ausplaudern. Nichts dramatisches, aber für Eingeweihte von Bedeutung. Es gibt ja durchaus Unterschiede zwischen Männern und Frauen – auch wenn manche dies leugnen. Ein Beispiel: die HiFi-Anlage. Kennt heutzutage kaum noch jemand, für Männer aus meiner Generation überlebenswichtig. Zur Erklärung: mit so einem Ding kann man gepflegt und stilvoll gute Musik hören. Zu einer guten Anlage gehören – neben dem Turm mit verschiedenen Geräten, wie Verstärker, Plattenspieler, Kassettenrekorder (ggf. Tonbandgerät), CD-Player, Radio – vor allem auch gute Boxen.
Damit auch die Bässe gut wiedergegeben werden, müssen diese möglichst groß sein, Resonanzvolumen haben. Das ist der Punkt, an dem spätestens die Probleme auftauchen können. Die Frau ist der Meinung, dass dies schrecklich aussieht, während der Mann sich an der Größe, Ausfertigung und Funktion ergötzt.
Im Netz – vorwiegend in Technikforen – gibt es eine Geheimsprache unter Männern die diesen Aspekt berücksichtigt: Der Woman Acceptance Factor. Der Wert für richtig coole und große Boxen liegt ca. bei 0,0001 WAF. Wären die Boxen unsichtbar, läge dieser bei 1.0 WAF. Das ist der Unterschied zwischen Männern und Frauen. In den Foren werden Lösungen vorgeschlagen und diskutiert, die trotz der Bedürfnisse des Mannes auch einen möglichst hohen WAF haben, um die Umsetzung nicht zu gefährden. Also, ich hätte nichts dagegen, alles einzusparen: ein Streamingerät mit Verstärker als einziges Gerät aufzubauen. Und unsichtbare Boxen aufzustellen, solange die Funktion – guter Klang – erfüllt wird. Leider ist das so noch nicht möglich.