Kassetten

Ich bin froh darüber, in einer Zeit aufgewachsen zu sein, in der ich sowohl das analoge als auch das digitale Leben und alle damit verbundenen technischen Errungenschaften erfahren und nutzen konnte. Junge Menschen von heute werden nie verstehen, was es bedeutet, eine Schallplatte vorsichtig aus der Hülle zu nehmen (ohne sie anzufassen!), sie sorgsam auf den Plattenspieler zu legen, vorsichtig die Nadel anzuheben und auf sie niederzulassen, um dann vollkommen entspannt eine wunderbare Musik mit ausgeprägtem Knistern, Rumpeln und Rauschen zu hören. Ein sehr individueller und einzigartiger Musikgenuss.

Da ist die Kassette als Medium einfacher zu handhaben, aber auch nicht mehr ganz aktuell. Hier nennt man die Nebengeräusche aber eher Fiepen und Leiern, aber auch hier gibt es ein ausgeprägtes Rauschen. Also: das sind Minitonbänder, auf denen man Musik speichern und wieder abspielen und anhören konnte. Damals war es ein Ansporn für Liebhaber, diese mit unterschiedlicher Musik in einem sehr individuellen und bestimmten Stil aufzunehmen („Mixtapes“) und zu verschenken. Eine besondere Ehre, es zu machen und/oder eine zu erhalten. Das meiste habe ich aber für mich aufgenommen und gehört. Viel John Peel dabei, aber auch unterschiedlich inspirierte Mixe, entweder per Schallplattenspieler oder aus dem Radio aufgenommen. Und ich habe auch mal selber Musik gemacht: mit E-Gitarre, Plattenspieler und zwei Kassettenrekordern. Ziemlich experimentell! Aktuell traue ich mich noch nicht, das hier zu veröffentlichen; es könnte auch verstörend wirken. Vielleicht später.

Und ich habe alles aufbewahrt und werde mir das später als Rentner mal wieder anhören. Oder? Im Rahmen einer unerklärlichen und vollkommen übertriebenen Aufräumphase habe ich letztens damit begonnen, die wichtigsten Sachen zu digitalisieren und die unwichtigen wegzuschmeißen. Aber nicht zuende geführt. Zwei drei weggeschmissen, bis mich dann doch die Skrupel überfielen. Das sind doch Zeitdokumente! Teilweise noch aus den Siebzigern! Musik ist doch Dein Lebensinhalt! Viele alte Erinnerungen! Die darf man nicht wegschmeißen! Allein das Wort ist schon unschön! Nun das gute an Kassetten ist ja auch, dass sie so klein sind und so gesehen wenig Platz wegnehmen. Es gibt eigentlich keinen Grund, diese aus einem Leben zu verbannen in dem die Musik und die Technik eine herausragende Rolle spielen. Und das kann man ja später immer noch. Oder auch nicht.

Ein Teil der lebenswichtigen Sammlung mit selbst gestalteten Hüllen

09. Mai 2021 // Autobiographisches // 2 Kommentare

2 Antworten auf „Kassetten“

  1. Das krönende Erlebnis waren die Schellackplatten. Kratsch kratsch kratsch kratsch. Melodie Melodie Melodie. Und nach drei Minuten war alles wieder vorbei…bis zum nächsten Auflegen. Grüße PJ

    1. gorg sagt:

      Oh, das war dann wohl noch vor meiner Zeit ;) LGG

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