Bewegtbild

Die drittwichtigste Kunstform – nach dem Laut und dem Wort – ist das Bewegtbild. Und sorry: erst danach kommt das Standbild, das ich auch sehr schätze. Vor dem Film aber habe ich großen Respekt. Er ist ein Gesamtkunstwerk! Ein Gemeinschaftsprojekt. Ich hätte einen Horror davor, diese Vielzahl an Beteiligten zu koordinieren, im Zaum zu halten und dazu zu bringen, das zu machen, was ich mir vorstelle. Bild, Schnitt, Bewegung, Geschichte, Spannungsaufbau, Musik, Drehort, Geräusche, Hintergrund, Technik, Requisiten (den Schnitt als Unterkunstform möchte ich bei Gelegenheit hervorheben, der wird unterschätzt). Ist alles entscheidend. Und dann noch die Schauspieler! Menschen mit Allüren. Eigenheiten. Stimmungen, die alles tragen oder auch zerstören können (ich denke da zum Beispiel an Herrn Kinski, über den noch ein Artikel fällig wird).

Das schöne am Film ist, dass er sich nicht an die Realität halten muss. Deswegen gehe ich gerne mal ins Kino. Leider nutzt er in letzter Zeit diese Möglichkeiten nicht mehr aus, sondern hat den Anspruch, möglichst realistisch zu sein. „Dieser Film beruht auf einer wahren Begebenheit“. Was allgemein als Markenzeichen angesehen wird, finde ich abstoßend. Gähn.

Das grundsätzliche Problem am Film ist: er erfordert vom Konsumenten alle Aufmerksamkeit und er gibt die Bilder vor. Er suggeriert. Ja, er manipuliert! Verhindert die Phantasie. Die Gedanken werden in eine bestimmte Richtung gelenkt, selbständige Erkenntnisse verhindert. Filmemacher sind Lügner und schlimme Betrüger! Darauf muss man sich einlassen. Und man kann nicht nebenbei joggen, staubsaugen, schreiben, wie bei der Musik. Obwohl ich das manchmal mache: Am Rechner habe ich drei Monitore angeschlossen: auf dem Linken läuft ein Film ohne Ton. Auf dem mittlerem schreibe ich. Auf dem rechten läuft Musik. Multitasking. Es kann sehr erbauend sein, Filme ohne Ton anzusehen! Man achtet mehr auf die Qualität der Schauspieler, den Bildaufbau, den Hintergrund und vor allem: den Schnitt. Es offenbart sich die Qualität des Films.

Und es gibt natürlich Filme, die mich im Laufe des mittlerweile langanhaltenden Lebens auch mit Ton und grundsätzlich sehr beeindruckt haben. Die besten möchte ich hier bei Gelegenheit vorstellen und würdigen.

Ein paar Beispiele (Reihenfolge zufällig):

Down by Law – Jim Jarmush (1986)
Der Himmel über Berlin – Wim Wenders (1987)
Orphee – Jean Cocteau (1950)
Der Zementgarten – Andrew Birkin (1993)
Der Eissturm – Ang Lee (1997)
Drei Haselnüsse für Aschenbrödel – Václav Vorlíček (1973)
Blow Up – Michelangelo Antonioni (1966)
Uhrwerk Orange – Stanley Kubrick (1971)
Eins, zwei, drei – Billy Wilder (1961)

24. Juli 2021 // Kulturelles // 2 Kommentare

2 Antworten auf „Bewegtbild“

  1. Mein Liblingsfilm: The Wizard of Oz…sicherlich 20x gesehen. Es waren aber andere, analoge Zeiten…und dann „M“.

    PJ

    1. gorg sagt:

      Die Klassiker habe ich noch gar nicht berücksichtigt, aber Fritz Lang gehört sicher dazu!

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