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Lieblingsgeschichten // Seite 1

Das Beste vom Besten. Oder: die Management-Summary für Faulpelze

Ein Vater-Sohn Gespräch

Erst war es nur ein diffuses Gefühl, dann gab es vereinzelt vage Andeutungen, die möglicherweise auf eine Neuerung hindeuten könnten. Ein paar Beispiele, die vollkommen ungewöhnlich und unter normalen Umständen nicht erklärbar waren: Das Zimmer des Jungen ist ohne Androhung schärfster Maßnahmen plötzlich aufgeräumt. Es wird selbstgebackener Kuchen mit nach Hause gebracht. Haare werden frisiert und eine Vielzahl an Duftmitteln eingesetzt!

Aber ich wollte es doch etwas genauer Wissen. Da ich trotz mehrerer Versuche keine Informationen aus erster Hand herausbekommen habe, musste ich Sekundärquellen Nutzen, Hinweise deuten, Vermutungen zusammenführen, Indizien sammeln, zarte Andeutungen auswerten, Schlußfolgerungen ziehen, Ahnungen verfestigen, indirekte Beweissicherung betreiben, um zu dem vagen Schluß zu kommen: Unser Sohn hat wohl eine Freundin – oder ähnliches!

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Normal ist nicht mehr normal

Man geht in ein Cafe und bestellt einen Cappuccino. Das geht leider nicht mehr so einfach. Es kommt die Rückfrage, mit Hafermilch, Sojamilch, Mandelmilch, Ziegenmilch, XXX-Milch? (Das ist natürlich alles keine Milch, weil mit Milch üblicherweise Kuhmilch gemeint ist! Es sollte verboten werden, alles andere als Milch zu bezeichnen.) Mit Koffein oder ohne? Groß, mittel oder klein? Zum Hiertrinken oder zum Mitnehmen? Puh, wer einen normalen Cappucino trinken möchte, muss heutzutage sagen: Cappuccino mit Koffein, mittelgroß, Kuhmilch, zum Hiertrinken! Die Welt wird komplizierter.

Und ein Croissant bitte! Nee, so geht das nicht: Mandelcroissant? Mit Marzipan gefüllt? Schokocroissant? Also, das normale Croissant heißt heutzutage umständlich Buttercroissant. „Ich bin ein Mann“, war mal eine eindeutige Aussage. Nein Cis-Mann (die Rechtschreibfunktion bietet mir Mannesmann an) heißt das heute (Personen, „deren Geschlechtsidentität dem Geschlecht entspricht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde“).

Ich hatte bereits darüber philosophiert, was eigentlich normal ist. Es ist das, was die Mehrheit ausmacht. Warum muss man das normale eigentlich mittlerweile spezifizieren? Sind das Interessengruppen von Minderheiten, die sagen, wir möchten nicht mehr als besonders gelten, daher soll das normale auch als etwas besonderes gekennzeichnet werden? Ich bin dafür, nur das außergewöhnliche zu kennzeichnen. Vielfalt ist ja schön, aber Klassiker sollten Klassiker bleiben (sonst wären sie ja auch keine).

Tageshandel

Da es in letzter Zeit geschäftlich nicht so gut lief, suchte ich nach neuen Aufgabengebieten, genauer gesagt Einkommensgebieten, und kam – neben anderem, wie Minijob, Autos überführen, Testcenter betreiben, Rechner reparieren, im Callcenter arbeiten – auf die leicht absurde Idee, es mit Daytrading zu probieren. Das ist einfacher und unabhängiger!

So nennt man den Vorgang, bei dem man virtuelle Produkte, die es eigentlich gar nicht gibt, an der Börse billig einkauft und wenn der Kurs steigt, wieder teuer verkauft. Die Differenz ist der Gewinn! Ich fand die Vorstellung schon immer attraktiv und vor allem ohne große Einstiegshürden: man sitzt gemütlich am Rechner, macht ein paar Klicks, und Abends sieht man in Echtzeit, wie sich der Betrag auf seinem Konto erhöht hat.

Davon träumen Tageshändler. Aber leider wussten sie das nicht im Voraus.

Oder erniedrigt. Es ist leider so, dass mann nicht immer Gewinn macht, sondern auch mal Verlust. Das Problem ist, man kann die Kurse nicht vorhersehen. Es ist mal so, mal so, oder auch mal ganz anders. Natürlich kann man sich informieren und sehen, wie die Nachrichtenlage ist: Unruhen in Afrika? Leitzinserhöhung in den USA? Flugzeugabsturz in Alaska? Neue Erkenntnisse zum Klimawandel? Russland droht mit Einmarsch? Sturm auf das Kapitol? Gerüchte über einen bevorstehenden Umsturz in XXX? Naturkatastrophe in YYY? Oder auch positive Meldungen: die Menschheit hat beschlossen, keine Kriege mehr zu führen, es herrschen nur noch Friede, Freude, Eierkuchen, das Wetter ist nur noch schön, es gibt keine Armut mehr. Aber die gibt es ja selten.

Das kann sich alles auf den Kurs auswirken. Aber es ist vollkommen unmöglich, aus diesen Informationen eine Vorhersage zu treffen. Und vor allem dann noch schneller als die Konkurrenz zu sein, die ja ähnliches im Sinn hat und mit ihrem An- und Verkauf den Kurs fleißig mitmanipuliert. Selbst wenn ich die Information hätte, dass ein Kurs steigt, haben schon Tausende Menschen auf der anderen Seite der Welt die gleichen Informationen früher bekommen und kräftig zugeschlagen, was den Kurs schon wieder erhöht hat und meinen Ankauf sinnlos macht. Tageshandel ist reine Zockerei. Und extrem nervenaufreibend.

Mich hat es getroffen, als eine bedrohliche neue Virusmutante irgendwo am Ende der Welt auftauchte. Ein schwerer Kursabsturz kurz nach dem Kauf, aus dem ich mich nicht wieder erholte. Ein millimikrometer großer Virus bestimmt über das Weltfinanzsystem, über mein Geld! Dann noch ein paar Anfängerfehler. Aber langfristig wird es doch wieder etwas. Es gibt auch abundzu mal gute Nachrichten und Kurse steigen ja auch mal wieder. Man muss nur etwas Geduld haben. Oder Geld, auf das man notfalls verzichten kann (haha). Niemals sollte man seine letzten Kröten einsetzen. Aber selbst dann: der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Ertrag. Außer man hat einfach mal Glück (nochmal haha). Dann doch lieber Arbeiten gehen oder im Lotto spielen. Ich arbeite eigentlich gerne, also her mit den Aufträgen und der gemütlichen, kalkulierbaren, altmodischen Erwerbsarbeit!

Stöhn. Seufz. Grübel.

Untertitel: Sprachliches aus Entenhausen.

Und das geht mir oft so! Diese ungewöhnliche Sprachform nennt man übrigens Inflektive: Eine unflektierte Verbform, die durch deverbale Reduktion gebildet wird (Wikipdia). Klingt interessant. Oder Erikative! Zu Ehren einer Übersetzerin, die diese Form exzessiv eingesetzt und populär gemacht hat. Ihretwegen schreibe ich diesen Artikel.  // weiterlesen! 

18. Dezember 2021 // Deutsches, Lieblingsgeschichten // 2 Kommentare

Ein Satz

Ich liebe den Satz, der erstmal ganz einfach anfängt, sich einschmeichelt, freundlich ist – einen einlullt – bei dem man denkt, alles klar, keine große Herausforderung, das kann ich bis zum Ende lesen und verstehen, der aber dann ein kleines etwas abdriftet, erstmal nur ein kurzer harmloser Nebensatz, eine winzige Zwischenbemerkung, eine Erläuterung, dann aber doch noch eine ausführliche Exkursion, über die Vor- und Nachteile von langen und kurzen Sätzen und was die bessere Variante sei, was man natürlich nicht eindeutig sagen kann, weil beides Vor- und Nachteile hat und es auf den Zusammenhang ankommt, wobei ich grundsätzlich denke, dass in der Kürze die Würze liegt, was ich aber auch nicht immer selbst respektiere, und es auch Menschen gibt, die ausführliche Erläuterungen lieben, aber grundsätzlich macht er Spaß, und das trifft alles auch auf die Musik zu, und es hat etwas psychedelisches.

Einen kurzen habe ich noch: Der Satz reicht bis zum Punkt.

Rauchkultur

Eine zu qualmen ist ja vollkommen aus der Mode geraten. Zu Recht. Meistens wurde ja nicht gepafft, sondern inhaliert. Das ist eher Unkultur. Und es tötet manchmal nicht nur den Akteur sondern verkrüppelt auch seine Mitmenschen. Aktuell ist es aber soweit gekommen, dass Raucher vollkommen geächtet und von der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Es sind schlimme Aussätzige ohne jegliche Lobby. Ihrem archaischen Bedürfnis können sie nur noch heimlich, draußen, verboten, alleine, elektronisch, teuer nachgehen. Die tun mir fast schon wieder ein wenig Leid.  // weiterlesen! 

Vorurteile

Sind Urteile, die man fällt, vor etwas, aber was? Nun ich nehme an, bevor man sich ausführlich informiert hat. Hatte ich schon erwähnt, dass ich Vorurteile liebe? Die machen einen Riesenspaß! Und sind natürlich vollkommen unkorrekt und sollte man auf keinen Fall mehr einsetzen, da sie falsche Meinungen festigen und oft unzutreffend sind. Aber manchmal doch: Vorurteile entstehen ja nicht von alleine, oder weil sich jemand etwas ausdenkt. Sie gründen auf individuellen Erfahrungen, also Tatsachen, haben aber die ungünstige Tendenz, diese zu verallgemeinern. Das ist das Problem. Ein Vorteil von Vorurteilen ist: sie machen einem das Leben einfacher. Es ist doch viel schöner zu sagen: alle xxx sind yyy, als zu differenzieren: nun, manche sind so, manche so und manche ganz anders. Man müsste auch den Anteil nennen, wer wie ist, um ernst genommen zu werden. Daher nutze ich gerne auch Vorurteile, meine es aber auch nicht immer ernst.

Das X-Wort

Oder das Z-Wort. Das A-Wort? Aktuell beliebt ist das N-Wort. Die deutsche Sprache wird immer verklausulierter. Neben den schlimmen und unnötigen Wortmonstren zur Berücksichtigung sogenannter geschlechtergerechter Sprache, die man sagen soll, kommen auch Wörter auf den Index, die man gar nicht mehr sagen darf. Nur noch den Anfangsbuchstaben – eine Andeutung ist erlaubt! Genauer gesagt: man SOLL es nicht mehr sagen. Es ist nämlich nicht verboten, das Wort „Neger“ auszusprechen.  // weiterlesen! 

Tücken des Alltags

Kennt Ihr das: Man möchte mal eben im Vorbeigehen ein Stück zusammengekrumpeltes Papier loswerden und es in den Mülleimer werfen. Es ist nur eine Entfernung von knapp einem Meter und die Aufgabe klingt einfach und überschaubar.

Doch es geht schief. Die Papierkugel landet auf einem Stück Pappe, das schon im Papierkorb liegt, hüpft auf den Rand des Papierkorbs, überlegt kurz – und fällt dann auf die andere Seite auf den Boden. Das ist kein dramatischer Vorgang, auch nicht wirklich dokumentationswert, aber es macht doch etwas zusätzliche Mühe, zum Papier zu schreiten, sich zu bücken und es dann hochkonzentriert und ganz vorsichtig und gezielt IN den Papierkorb zu legen.  // weiterlesen! 

Gewalt

Gewalt ist nicht gut; sie ist oft negativ besetzt. Zumindest für den, der Gewalt erfährt. Der, der sie ausübt, kann sich austoben, abreagieren, ein Ziel erreichen, was ja eigentlich gut ist. Aber Ziele sollte man heutzutage lieber ohne sie anstreben. Weil es eine wichtige Erkenntnis ist, dass der stärkere nicht immer Recht hat.

Was oft nicht gesehen wird, es gibt zwei Arten von Gewalt: Die physische und die psychische. Erstere ist aber verbreiteter, oder? Nein, sie wird nur zu Unrecht als wesentlicher angesehen. Psychische Gewalt kann Menschen genauso fertig machen. Ich verstehe nicht, warum das bisher nicht so gesehen wird. Das Problem ist natürlich, dass man psychische Gewalt nicht so gut erkennen und nachvollziehen kann. Wenn der Mann seine Frau verprügelt, sieht man die Spuren, das blaue Auge. Die Ausrede, sie wäre gegen die Wand gelaufen hilft meist nicht. Macht aber zum Beispiel die Frau den Mann psychisch fertig, ist es sehr schwer, die angegriffene Psyche zu erkennen und als Gewalteinwirkung zu definieren und zuzuordnen. Ich bin dafür, beide Gewaltarten gleichzustellen. Und manchmal wäre auch für das Kind eine Ohrfeige besser, als ihm mit Liebesentzug zu drohen.