Ein Vater-Sohn Gespräch

Erst war es nur ein diffuses Gefühl, dann gab es vereinzelt vage Andeutungen, die möglicherweise auf eine Neuerung hindeuten könnten. Ein paar Beispiele, die vollkommen ungewöhnlich und unter normalen Umständen nicht erklärbar waren: Das Zimmer des Jungen ist ohne Androhung schärfster Maßnahmen plötzlich aufgeräumt. Es wird selbstgebackener Kuchen mit nach Hause gebracht. Haare werden frisiert und eine Vielzahl an Duftmitteln eingesetzt!

Aber ich wollte es doch etwas genauer Wissen. Da ich trotz mehrerer Versuche keine Informationen aus erster Hand herausbekommen habe, musste ich Sekundärquellen Nutzen, Hinweise deuten, Vermutungen zusammenführen, Indizien sammeln, zarte Andeutungen auswerten, Schlußfolgerungen ziehen, Ahnungen verfestigen, indirekte Beweissicherung betreiben, um zu dem vagen Schluß zu kommen: Unser Sohn hat wohl eine Freundin – oder ähnliches!

Als Vater fühlte ich mich natürlich sofort verpflichtet, ihm – falls es zuträfe – in diesem Zusammenhang ein paar wichtige Hinweise und Erfahrungen mit auf den Weg zu geben und beschloß, dazu ein offizielles Gespräch zu führen. Das ist ja meist etwas heikel und man muss sich vorbereiten, sehr vorsichtig und einfühlsam sein, mögliche Reaktionen berücksichtigen, Argumente bereithalten, und eine möglichst erfolgreiche Strategie für den Gesprächsverlauf erarbeiten.

In dem Zusammenhang fiel mir siedendheiß eine sehr kurze Szene aus einem Film unseres grandiosen Loriot wieder ein:

Vater und Sohn sitzen am Tisch. Man hat gegessen und jetzt ist die Gelegenheit, etwas Wichtiges zu besprechen (etwas ungenaues Gedächtnisprotokoll):

Vater: Äh, sag mal, Du hast da ja jetzt eine Freundin? Schön!
Junge: Ja und?
Vater: Du weißt, dass man da …
Junge: Ja, Ja.
Vater: Und man sollte …
Junge unterbricht wieder und wirkt schon leicht genervt
Junge: Ja!
Vater: Alles klar; schön dass wir darüber gesprochen haben!

Ich wollte es auf jeden Fall besser machen:

Vater und Sohn sitzen am Tisch. Man hat gegessen und jetzt ist die Gelegenheit, etwas Wichtiges zu besprechen (etwas ungenaues Gedächtnisprotokoll):

Ich: Äh, sag mal, wo hast Du denn gestern übernachtet?
Junge: Das geht Dich gar nichts an!
Ich (Puh! Ich schalte um auf pädagogisches Vorgehen und säusele etwas): Natürlich geht mich das nichts an. Aber es interesssiert mich einfach! (kurze Pause, dann kumpelhaft weiter, das klappt meistens ganz gut:) Komm schon!
Junge: Mach‘ Dir keine Sorgen, ich bin nicht schwul.
Ich: So war das gar nicht gemeint, aber toll! (lange Gedankenpause, jetzt muss ich ran) Also, wenn Du da übernachtest, denkst Du auch an …
Junge: Ja-aaa … (das war so ein langgezogenes, fast wie gesungenes, im Ton leicht genervtes Jugendlichen-„Ja“, wobei der zweite Teil des Wortes in etwas tieferem Ton widergegeben wird, kennt Ihr das?)
Ich: Und Du weißt, das man selber …
Junge: Ja man, ich paß schon auf!
Ich: Alles klar; schön dass wir darüber gesprochen haben!

Dies ist kein Beispiel für eine perfekte Kommunikation. Wörter sind ja auch dafür da, ausgesprochen zu werden und es ist sogar oft von Vorteil, sie auszusprechen, um der Sprache Respekt zu zollen, um sich auszutauschen, um Missverständnisse zu vermeiden. Aber es war etwas ausführlicher, als im Film, oder? Und mein Ziel wurde erreicht – denke ich zumindest!

2 Antworten auf „Ein Vater-Sohn Gespräch“

  1. Meine Lösung: Ich habe diese Fragen nie gestellt. Hat gut funktioniert. Mein Vater hat mir mal – vielleicht war ich 18 – ein Präservativ in die Hand gedrückt und meinte, ich sollte es im Portmonnaie stecken. Soviel zu meiner Aufklärung. Meine Kinder haben alles selbst entdeckt. Ich im Grunde auch. Ja, ein heikles Thema.

    1. gorg sagt:

      Und heutzutage gibt es auch noch dieses Internet, wodurch jeder Jugendliche wohl schon mehr Bescheid weiß, als die Eltern ;)

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